Donnerstag, 6. September 2007

PRESSEMITTEILUNG der „Antirepressiongruppe 1. April“, 14.08.2007

- Prozess gegen Kieler Antifaschisten am 19. Oktober 2007

- AntifaschistInnen kündigen Protestaktionen an

- Sabine Münzer: „Zivilcourage führt auf die Anklagebank!“


Nachdem bereits Anfang Juni Anklage gegen einen Kieler Antifaschisten erhoben wurde, wird das Verfahren wegen „Gefährlicher Körperverletzung“ (§ 224, StGB) nun tatsächlich verhandelt. Der Prozess wurde auf den 19. Oktober 2007, 10.00 Uhr in den Raum 6 des Amtsgericht Kiel gelegt.

Bereits seit Bekanntwerden des Prozesstermins laufen die Planungen für verschiedene begleitende Protestaktionen vor und während des Prozesses. Sabine Münzer von der Antirepressionsgruppe 1. April dazu: „Die Staatsanwaltschaft macht also tatsächlich ernst und bestätigt: Weil sich eine Gruppe Antifaschisten am 1. April 2006 gegen Neonazis verteidigte, muss nun ein willkürlich von einem Neonazi identifizierter linker Aktivist auf die Anklagebank. Wir werden diesen skandalösen Prozess nicht unwidersprochen hinnehmen und kündigen schon jetzt verschiedene Aktionen an, um die Öffentlichkeit über diese Kriminalisierung antifaschistischen Engagements zu informieren.“

Hintergrund des Prozesses am 19. Oktober ist eine Auseinandersetzung am 1. April letzten Jahres vor einem Supermarkt in Kiel-Gaarden, bei der sich Antifaschisten gegen Drohungen und Angriffe von stadtbekannten Neonazischlägern verteidigten und ein Antifaschist schwer verletzt wurde. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln mit Begründung von Zeugenaussagen der Neonazis gegen mindestens drei Antifaschisten. In diesem Zuge wurde auch am 11.05.2006 die Wohnung des Angeklagten durchsucht.

Solidarität gegen Repressionswellen – in Kiel und allerorts!

Der aktive Widerstand gegen Neonazis ist richtig und wichtig!


Repressionsflut von Bayern bis Schleswig-Holstein


Ein alter Klassiker linksradikaler Politikfelder erlebt in den letzten Monaten erzwungenermaßen zusehend an Aktualität: Der Umgang mit staatlicher Repression. Diese hat in der BRD derzeit viele Ausdrucksformen und findet sowohl in den großen Städten wie Hamburg und Berlin als auch vor der eigenen Haustür statt. Sie zeigt sich in den willkürlichen 129a-Razzien vor und nach dem G8-Gipfel und den Hausdurchsuchungen bei kurdischen GenossInnen in München, oder aber in den Verboten antifaschistischer Veranstaltungen in Eckernförde und den derzeitigen Ermittlungen und bevorstehenden Prozessen gegen kieler Antifaschisten wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung.


Neonazischläger und deutsche Polizei gemeinsam gegen wehrhafte Antifa

Zurück gehen diese Ermittlungen auf eine Auseinandersetzung vor einem Supermarkt in Kiel-Gaarden am 1. April letzten Jahres. Hier kam es zu Einschüchterungsversuchen und Angriffen von stadtbekannten kieler Nazischlägern gegen eine Gruppe Antifas, die sich dagegen zur Wehr setzte. Einer der Neonazis zückte dabei ein Messer und verletzte einen der Antifas schwer.

Am 11.5.06 kam es daraufhin bei einem kieler Antifaschisten zur polizeilichen Durchsuchung seiner Privatwohnung. Außerdem wurde der PKW einer weiteren Person durchsucht. Für diese, bei unpolitischen Körperverletzungsdelikten absolut unübliche Ermittlungsmaßnahme, unter dem Vorwand vermeintliche Tatwerkzeuge sicher stellen zu wollen, genügten der Staatsanwaltschaft die Zeugenaussage von einem der Neonazis, der den Antifa als einen der Beteiligten vom 1. April wieder erkannt haben will. Gegen ihn wurde nun Anfang Juni dieses Jahres Anklage erhoben. Darüber hinaus wird weiterhin gegen mindestens zwei weitere Menschen aus den gleichen Gründen ermittelt. Auch hier ist in einem Fall die absolut willkürliche Identifizierung eines Antifas, der dabei gewesen sein soll, durch einen Neonazi Grund für die Ermittlungen.


Image und Gewaltmonopol vs. selbstbestimmter Antifaschismus

Anhand dieses Umgangs mit Antifas in der Bundesrepublik Deutschland, die sich trotz alledem ja nur all zu oft anmaßt zu glauben, einen Schlussstrich unter ihre NS-Vergangenheit ziehen zu dürfen, um im gleichen Zuge dann in Person des amtierenden baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger sogar einen Nazirichter Filbinger zum antifaschistischen Widerstandkämpfer umzulügen, wird einmal mehr beispielhaft deutlich, was denen blüht, die auch nur in Verdacht stehen, sich tatsächlich gegen die alltägliche Bedrohung durch Neonazigewalt zur Wehr setzen und sich nicht einschüchtern lassen: Nämlich staatliche Verfolgung.
Demnächst sitzen Antifaschisten, die von Neonazitätern sogar der Gefahr lebensgefährlicher Verletzun-gen ausgesetzt wurden, auf der Anklagebank. Und das nur, weil die gleichen Neonazitäter sich mal irgendwo einen Antifa-Namen gemerkt oder bei den Bullen auf ein Bild gezeigt haben. Für die Staatsanwaltschaft ein willkommener Anlass, gedeckt vom bürgerlichen Gesetzbuch jener BRD, ihre Ermittlungswut gegen linke AktivistInnen zu befriedigen

Und wieder einmal bricht die Fassade der heuchlerischer Betroffenheit und der Forderung nach einer offenbar völlig undefinierten Zivilcourage - ob von Grünen, CDU oder Gewerkschaft der Polizei -, wenn einer der täglichen Naziübergriffe, medial hoch gepuscht, mal wieder die breite Öffentlichkeit erreicht, wie ein Kartenhaus zusammen. Was stehen bleibt ist alles andere als ein antifaschistisches Selbstverständnis: Die bloße Angst, das Image des Wirtschaftsstandorts, ob nun die Nation oder die eigene Stadt, könnte Schaden nehmen. Viel gründlicher geht Vaddern Staat dagegen überall dort vor, wo Menschen damit anfangen, sich staatlicher Kontrolle zu entziehen und stattdessen selbstbestimmt und an den eigenen Bedürfnissen orientiert zu handeln.


Solidarität mit den betroffenen kieler Antifas!

Um uns gemeinsam gegen diesen staatlichen Angriff auf alle Menschen, die selbstbestimmt und richtig handeln, und sich dabei einen Dreck um das Gewaltmonopol des Staates scheren, zu wehren und den meilenweiten Unterschied zwischen konsequentem Antifaschismus auf der einen und heuchlerischer, kapitalistischer Imagepflege auf der anderen Seite, öffentlich deutlich zu machen, brauchen die Betroffenen bei dem/n anstehenden Prozess(en) Eure Unterstützung. Auch wenn hierfür noch kein konkreter Termin feststeht, kann der Prozesstermin dem Angeklagten jeden Tag ins Haus flattern. Haltet deshalb Augen und Ohren nach diesbezüglichen Ankündigungen offen, unterstützt die Betroffenen und kommt zu den anstehenden Soliaktionen!


Zusammen gegen staatliche Repression - überall!
Antifaschistischer Widerstand ist nicht kriminell, sondern notwendig!

Antirepressionsgruppe 1. April, Juli 2007

PRESSEMITTEILUNG der „Antirepressiongruppe 1. April“, 24.07.2007

- Anklage wegen „Gefährlicher Körperverletzung“ gegen Kieler Antifaschisten

- Neonazigewalttäter verletzt Antifaschisten schwer und zeigt willkürlich linken Aktivisten an

- Staatsanwaltschaft und Polizei nutzen Gelegenheit und schnüffeln in linker Szene

- Sabine Münzer: „Führt Zivilcourage auf die Anklagebank?“


Anfang Juni dieses Jahres kam es zur Anklage gegen einen Kieler Antifaschisten unter dem Vorwurf der „Gefährlichen Körperverletzung“ (§ 224, StGB). Ihm wird vorgeworfen an einer Auseinandersetzung zwischen stadtbekannten Kieler Neonazischlägern und einer Gruppe Antifaschisten am 1. April 2006 vor einem Supermarkt in Kiel-Gaarden beteiligt gewesen zu sein. Die Antifaschisten hatten sich, nachdem sie im Laden von den Neonazis verbal bedroht und vorm Laden von ihnen angegriffen wurden, zur Wehr gesetzt. Einige Umstehende kamen dabei der Gruppe Antifaschisten zur Hilfe. Einer der Neonazis verletzte dabei einen Antifaschisten mit einem Messer schwer.

Am 11. Mai 2006 kam es zu einer polizeilichen Durchsuchung der Privatwohnung des Angeklagten in Kiel. Nach offiziellen Angaben um „Tatwerkzeuge“ sicherzustellen. Der Neonazi-Messerstecher will den angeklagten Aktivisten als einen der beteiligten Antifaschisten identifiziert haben.
Gegen mindestens zwei weitere Personen wird aus den selben Gründen ermittelt.

„Es ist ein Skandal, dass demnächst ein willkürlich von einem Neonazi beschuldigter linker Aktivist auf der Anklagebank sitzt, weil eine Gruppe Antifaschisten sich nicht einschüchtern ließ, sich gegen Neonazigewalt verteidigte und andere Menschen nicht wegschauten“ äußert sich Sabine Münzer von der "Antirepressionsgruppe 1. April" dazu. Münzer weiter: „Offensichtlich müssen diejenigen, die die vielerorts von zahlreichen VertreterInnen gesellschaftlicher und politischer Vereinigungen fast jeglicher Coleur eingeforderte abstrakte Zivilcourage gegen rechte Gewalt, in die Tat umsetzen, damit rechnen, strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt zu werden. Polizei und Staatsanwaltschaft scheint es wichtiger zu sein, jede Möglichkeit auszunutzen, linke Strukturen und Personen auszuspionieren, wie ja auch jüngst im Zuge der aktuellen, herbeikonstruierten §129a-(„Bildung einer terroristischen Vereinigung“)-Verfahren gegen linke AktivistInnen in zeitlicher Nähe zum G8-Gipfel wiederholt deutlich gemacht wurde.“