Freitag, 11. Januar 2008

PRESSEMITTEILUNG, 11.01.2008 zur Berufung der Staatsanwaltschaft

- Staatsanwältin Füssinger legt Berufung gegen Urteil vom 21.11.07 im Prozess gegen Kieler Antifaschisten ein

- AntifaschistInnen kündigen im Falle einer drohenden Neuverhandlung vorm Landgericht im Frühsommer 2008 erneute Öffentlichkeitsoffensive an

- Sabine Münzer: "Hardlinerin Füssinger will die skandalöse polizeistaatliche Repressionslinie gegen die Kieler Linke knallhart zu Ende gehen!"


Wie kürzlich bekannt wurde, legte die Staatsanwältin Füssinger am 26. November 2007 Berufung gegen das Urteil in dem am 21. November mit einer Verurteilung zu Ende gegangenen viertägigen Prozess vorm Amtsgericht Kiel gegen einen Kieler Antifaschisten wegen der vermeintlichen "gefährlichen Körperverletzung" an einem stadtbekannten Neonazischläger ein. Damit droht voraussichtlich im Frühsommer dieses Jahres eine Neuauflage der Verhandlung vorm Landgericht.

Hintergrund des brisanten Verfahrens ist eine Auseinandersetzung zwischen Neonazis und einer Gruppe Antifaschisten am 1. April 2006. Obwohl weder der Tatverlauf geklärt noch der Angeklagte als Beteiligter identifiziert werden konnte, stützte sich die Richterin in ihrem Urteil auf eine einzige von einer Vielzahl ZeugInnenaussagen, den widersprüchlichen und unglaubwürdigen Bericht eines Begleiters der Neonazischläger.
Obwohl die Polizei am Tatort lediglich die Neonazis antraf und bei einem sogar ein blutiges Messer feststellte, wurde von Anfang an ausschließlich und ohne jeden Beweis in Richtung eines der Kieler Polizei zu unbequemen linken Aktivisten ermittelt. Dabei wurde, für ein Körperverletzungsdelikt absolut unüblich, die Wohnung des Angeklagten durchsucht, einem Passanten eine falsche Zeugenaussage in den Mund gelegt, unkonkrete Aussagen verwendet und vermeintliche Tatwerkzeuge herbeikonstruiert. Im Prozess wurden dem Verteidiger zudem wichtige entlastende Beweisanträge verwehrt.

Sabine Münzer von der Antirepressionsgruppe 1. April äußerte sich dazu: "Es ist bezeichnend für die Hardliner-Staatsanwältin Füssinger, dass sie an der mit den einseitigen polizeilichen Ermittlungen eingeschlagenen krassen Repressionslinie, die von Anfang an nur darauf abzielte, ein abschreckendes Exempel gegen einen aktiven Linken zu statuieren, festhält. Nachdem die Richterin sich nicht zu einem naheliegenden Freispruch hatte durchringen können - dies wäre schließlich ein Eingeständnis der politisch motivierten Ermittlungen gewesen -, sah sich diese ob des Skandals, einen aktiven Antifaschisten für sein Engagement zu einer Haftstrafe zu verurteilen, offensichtlich zumindest mit solchen Gewissensbissen konfrontiert, dass sie eine - rein juristisch betrachtet - vergleichsweise milde Strafe verhängte. Dies passte der antilinken Koalition aus Staatsanwaltschaft und Polizei nicht in den Kram, weshalb sie nun einen weiteren Versuch unternimmt, das ohnehin schon unerträgliche Urteil noch zu übertrumpfen. Sollte es tatsächlich zu einer Neuverhandlung vorm Landgericht kommen, darf auch wieder mit einer massiven öffentlichen Präsenz von antifaschistischem Protest gerechnet werden!"

Der Prozess, der mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 1250 € endete, war im Herbst 2007 über fast zwei Monate begleitet von einer Vielzahl von Protestaktionen und Demonstrationen in der Stadt, vorm und im Gericht, an denen sich insgesamt einige hundert AntifaschistInnen beteiligten. Höhepunkt war, neben der großen Demonstration mit über 400 TeilnehmerInnen in der Kieler Innenstadt am 13.10.2006 im Vorfeld des ersten Prozesstages, eine wütende, kämpferische Spontandemo am Abend der Verurteilung im Stadtteil Gaarden, an der sich etwa 200 Menschen beteiligten und deren Entschlossenheit die Polizei einen Abend lang stark verunsicherte.